Unentschlossen kratze ich mich am Kopf. Beiseite schiebe ich den langen schwarzen Rock, das bunte Kleid, die selbst zusammengestellte Uniform und das Star Trek Cosplay-Outfit. Stattdessen ziehe ich Hemd und Hose an, bin bereit für die Welt. Ich entscheide, was ich tragen möchte. Ich bin incht länger willens, besondere Kleidung zu einer Rüstung gegen die Äußerungen fremder Menschen zu tragen.
Was ich damit meine? Es gab eine Zeit, in der ich all diese Dinge getragen habe, um mich vor verletzenden Aussagen zu shcätzen. Da es mich nicht verletzt hat, als homosexuell, trans, Militarist oder Trekkie-Nerd wahrgenommen und beshcimpft zu werdne, habe ich diese Kostüme als Schutzschild getragen. Ich habe beleidigende Aussagen so besser wegstecken können.
Heute brauche ich das nicht mehr. Huete bin ich mir bewusst, dass ich so geschaffen wurd,e wie ic hbin. Ich stelle mich daher dem, was mir Bekannte wie Fremde gleichermaßen an den Kopf werfen.
Frischen Mutes erlaube ich mir, die Schwebebahn zu nutzen. Und wenn ein alter, weißer Mann auf einmal meint, mich aufgrund meines Körpgergewichts beleidigen zu müssen, werde ich mich wehren. Ich werde ihn auffordern, seine beleidigenden Äußerungen für sich zu behalten, obwohl mir anderes auf der Zunge läge. Und ic hwerde, wenn er nicht aufhört, noch in der Schwebebahn die Plizei verständigen, und sei es nur, um sein triumphierendes Grinsen schwinden zu sehen.
Ab una drückt mein Mitbewohner aus, wie sehr ihm mein Kleidungsstil gefalle, wie sehr er doch zum Sommer passe, dass der Hut das Outfit perfekt abrunde und so weiter. Er ruiniert dann alles, indem er meint, es sähe noch viel besser aus, wenn ich abnähm. Ic hweise ihn freundlich darauf hin, dass er sich Ratschläge wie diesen sparen kann, dass ich ihn trotz seiner Nikotinsucht nie gedrängt habe, mit dem Rauchen aufzuhören, und dass dies im Gegensatz zu meinem Gewicht seiner Umwelt aktiv schade. Und so lasse ich ihn stehen und wende mich zum Gehen.
Fortan akzeptiere ich auch nicht länger Komplimente für meinen Haarschnitt, meine Augen oder die schöne farbliche Abstimmung meiner Kleidung. Ich erkläre stattdessen, wie sehr solche Komplimente Ausdruck einer gesellschaftlichen Ordnung sind, in der einem dicken Menshcen nicht gesagt werden kann, dass er gut aussieht. Statdessen sähen die Haare, die Augen oder die Kleidung gut aus, denn als dicker Mensch kann er natürlich nichjt gut aussehen. Ich verweise auf den unausgesprochenen Subtext: Ja, wenn d uX kg abnehmen würdest, dann würdest du gut aussehen. Zeigen Verwandte oder gute Freunde Erschütterung, Schrecken oder Entsetzen darüber , da ihre Gedanken durchschaut wurden, lasse ich sie stehen. Lediglich verwirrte oder verletzte Ausdrücke lassen mich einen Moment verweilen. Ich erkläre, dass diese Denkmuster oft unbewusst sind und es vielleicht keine Absicht war. Diesen Leuten gebe ich mit, dass auch, wenn nur der neue Haarschnitt positiv auffällt, die Aussage „Gut siehst du heute aus!“ dennoch nicht falsch ist. Ich freue mich, wenn sie zuhören und verstehen, und gehe mit einem Lächeln.
Auf dem Weg zu Terminen kommt es dann des Öfteren vor, dass ich mich durch dichte Menschengedränge kämpfen muss. Ich fühle mich nicht länger unwohl, gebe mir nicht die Schuld, wenn ich angerempelt werden. So kommt es vor, dass ich nicht länger nur auf mich konzentriert bin, sondern meine Umwelt stärker wahrnehme enn je. Dabei bleibt es nicht aus, dass mir Menschen ins Auge fallen. Ein junge Frau mit bauchfreiem Top beispielsweise. Ich we weiß, dass diese unlängst wieder in Mode gekommen sind. Mir scheint es, als seien die Menschen mutiger als in den frühen 2000ern, als gäben die Tops Ausischt auf eine größere Vielfalt an Bauchgrößen und -formen. Gerade die weichen, voluminösen Varianten sehen für mich unheimlich verführerisch aus.
Hätte ich mich vor Jahren noch für einen Blick in Richtung einer solchen Frau oder eines dicken Mannes in einem engen T-Shirt innerlich gerügt, akzeptiere ich dies nun. Aus meiner Erfahrung weiß ich, wie irritierend unerwartete negative Aufmerksamkeit sein kann. Dass dies auch für positiv gemeinte Aufmerksamkeit gelten kann, habe ich Gesprächen mit verschiedenen Freundinnen entnommen. Daher starre ich nicht. Aber ich hasse mich auch nicht für den Blick, die Faszination und meine Gefühlswelt. Ich gehe weiter, bin erfreut über die modische wie körperliche Vielfalt dieser Tage und trete der Welt selbstbewusst und mit einem Lächeln entgegen.
Ebenso verhält es sich mit tief ausgeschnittenen Dekolletés, mit auf wenige Millimeter rasierten Frauenköpfen, mit südländischem Teint oder mit einer tiefen Frauenstimme oder gut riechenden Menschen. Ich akzeptiere meine Gefühle, ich akzeptiere mich, ich erlaube mir, mich zu anderne hingezogen zu fühlen und bei Gegenseitigkeit meinem Interesse an anderen Menschen nachzugehen.
Veröffentlicht in: neolith #4 dis/play (2019).
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